PZ-news.de, 07.09.2014: "Unterfahrschutz rettet jungem Motorradfahrer das Leben"

Dass ihn dieses Stück Stahl vor dem sicheren Tod bewahrte, daran hat Marcel Randecker aus Horb keinen Zweifel. Es war am 1. Mai vergangenen Jahres, als der junge Mann aus Horb in der berühmt-berüchtigten Bettenbergkurve zwischen Nagold und Wildberg stürzte, gegen den Unterfahrschutz prallte und schwere Verletzungen erlitt.

Die Schilderungen des 24-Jährigen zeigten gestern Vormittag sichtbar Wirkung bei den mehr als 150 Motorradfahrern, die an der letzten großen Ausfahrt dieses Jahres der Aktion „Sicher im Sattel“ des Verkehrskommissariats teilnahmen.

Marc Randecker (Mitte) fährt heute mit „mehr Köpfchen“: Dass sich der junge Unfallfahrer für mehr Sicherheit im Sattel einsetzt, begrüßen Thomas Nofer, Karl-Hermann Egner, Ralf Rapp, Harald Bechtle und Dieter Buß (von links).Seibel/Privat

Einzelne Veranstaltungen zur Prävention gibt es vielerorts. Doch dass die Polizei Motorradfahrer die gesamte Saison über begleitet, ist landesweit einzigartig. „Wir erreichen inzwischen auch junge Leute und Fahranfänger“, freut sich Hauptkommissar Harald Bechtle, der Leiter dieses preisgekrönten Projekts.

„Zu viel gewollt“
Nicht zuletzt jenen jungen Fahrern wird Marcel Randeckers Bericht lange im Gedächtnis bleiben. Zu schnell sei er am Unglückstag unterwegs gewesen und habe „zu viel gewollt“, gesteht der 24-Jährige ein. Die Folgen: Er verlor die Kontrolle über die 150 PS starke Yamaha R1. Sein Körper rammte die Leitplanke auf Höhe eines zum Glück verschalten Stützpfostens. Mit einem doppelten Bruch des Sprunggelenks, einer abgetrennten Achillessehne und einer verdrehten Wirbelsäule kam der Kfz-Mechatroniker vergleichsweise glimpflich davon – auch wenn er wohl immer mit Bewegungseinschränkungen leben muss. Randecker fährt wieder Motorrad, aber „mit sehr viel mehr Köpfchen“, wie er betont. Er appelliert, an möglichst allen unfallträchtigen Stellen einen Unterfahrschutz anzubringen: „Wer stürzt und einen Leitpfosten trifft, ist in aller Regel tot – auch wenn er nicht zu schnell unterwegs war.“

Damit spricht er Ralf Rapp aus dem Herzen. Im Namen der Organisation „Mehrsi“ (Mehr Sicherheit für Biker), in der sich auch die SPD-Bundestagsabgeordnete und passionierte Bikerin Ute Vogt engagiert, setzt sich Rapp dafür ein, dass nicht erst reagiert wird, nachdem etwas passiert ist. Der Draht zur Verkehrsbehörde des Enzkreises sei gut. So gehöre inzwischen bei Straßensanierungen der Einbau von Unterfahrschutz zum Maßnahmenkatalog. Zwischen Unterreichenbach und Schellbronn etwa oder zwischen Dobel und Eyachtal gebe es mittlerweile solche Schutzplanken. Dass es jeder Fahrer selbst in der Hand hat, das Risiko zu minimieren, macht Polizeihauptmeister Karl-Hermann Egner deutlich. Er erinnert an die beiden Unfälle im August bei Ispringen und Birkenfeld, bei denen ein 67-Jähriger und ein 18-Jähriger nach Kollisionen mit Autos starben. „Seid aufmerksam, guckt nach vorne und geht nie ans Limit“, ruft er den Motorradfahrern zu: „Sonst habt ihr keinen Puffer mehr, der euch vor Schlimmerem bewahrt.“

Egner ist einer der Experten, die die in Gruppen aufgeteilten Teilnehmer auf der 250 Kilometer langen, von den Motorradfreunden Stadt/Werke Pforzheim geplanten Tour von Pforzheim nach Ofterdingen und retour begleiten. Vorab und unterwegs an Unfall-Schwerpunkten gibt es Fahrtipps, davor und danach wird’s gemütlich. Zum Saisonabschluss bewirtet Pforzheims Technisches Hilfswerk, DRK-Helfer von Pforzheim und von Neuenbürg haben in den vergangenen Wochen die Biker gestärkt. Wie an jedem ersten Sonntag eines Monats zwischen Mai und Oktober gibt es was zu gewinnen – Fahrsicherheitstrainings von BMW und ADAC, Gutscheine für Erste-Hilfe-Kurse. Das kommt an. Bis zu 180 Biker werden jedes Mal gezählt. Projektleiter Bechtle geht davon aus, dass das von der Verkehrswacht unterstützte Präventionsprogramm auch 2015 wiederangebotenwerdenkann.Region,

Autor: Claudius Erb | Pforzheim

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